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Reisebericht:MAROKKO - Königsstädte und Wüste - Teil 2

Veröffentlicht am 29.07.2019

Teil 2: Von FES zur SAHARA

 

Fes: Bab BoujloudFes: Bab BoujloudDas Handwerkerviertel der Färber in Fes soll heute Morgen das Ziel unserer Erkundigungen sein. Berichte anderer Touristen sagen, dass das Durchstreifen der engen, unübersichtlichen Gassen der Medina ohne Führer recht schwierig ist und man über kurz über lang in die Situation geraten kann, sich im Labyrinth der Souks verirrt zu haben. Unübersichtlich sind sie wirklich. Wir halten uns an die ganz großen von ihnen und versuchen, uns jede Abbiegung genau zu merken. Schließlich fallen wir einer traditionell gekleideten jungen Frau „in die Hände“, die wie zufällig sich ausruhend auf einem Stuhl an einer Abzweigung sitzt, und ehe wir uns versehen, befinden wir uns, von ihr dorthin geführt, zusammen mit einer Handvoll anderer Touristen in einem großen Lederwarenladen, wo wir überschwänglich willkommen geheißen und an einen Mann übergeben werden, der uns in einer Mischung aus Englisch und Deutsch (diese Menschen riechen förmlich die Nationalität) zu einer Terrasse hochlotst, von wo aus wir tatsächlich die Arbeit der Färber sehr gut beobachten können. Wir bekommen jeder einen Zweig frische Minze in die Hand gedrückt, die wir uns gegen den hoch dringenden Gestank vor die Nase halten sollen, dann gibt der Mann unseren Kameras freie Schussbahn: „Now you can take photos.“

Der Souk der FärberDer Souk der Färber

Immer wieder hat die Frau, die uns dem Geschäft zugeführt hat, betont, alles sei „free“ - aber jetzt will der Mann Geld haben. Ich drücke ihm den geringen Betrag von 10,- Dirham in die Hand, dann versuchen wir uns gegen die erwartete geschäftsmäßige Aufdringlichkeit aus dem Staub zu machen, werden aber von ihm in den Treppenwindungen des Ladens verfolgt und mit Angeboten an günstigen, hochwertigen Gelegenheiten überschüttet: eine Handtasche für Madame, ein Paar Schuhe oder wenigstens ein Gürtel für Monsieur, oder...

Schließlich sind wir wieder unbeschadet draußen. Vor dem Geschäft treffen wir wieder auf die Frau, die uns zum Lederwarengeschäft gebracht hatte, und auf unsere Bitte bringt sie uns bereitwillig zum Haupt-Souk zurück, von wo aus wir wieder weiter wissen. Auch sie bekommt ein paar Münzen, dann machen wir uns, jetzt ein wenig hungrig und durstig, auf die Suche nach einem Restaurant. Gehört haben wir von dem Café Clock, einem für Touristen angesagten Café, das aber erst in den verwinkelten engen Gassen gefunden werden will. Dann aber sitzen wir dort sehr schön auf der Dachterrasse im Schatten von Sonnensegeln und essen lecker. 

(...)

Startpunkt: Unser Kasbah-HotelStartpunkt: Unser Kasbah-HotelAm frühen Abend fahren wir zu dem etwa eine Stunde entfernten Merzouga, das am Rande der Erg Chebbi liegt, dem größten Sanddünen Gebiet von Marokko. Treffpunkt ist das rustikale Kasbah Hotel, das in der Form einer Berberburg gebaut ist. Dort scheinen wir bei unserer Ankunft die einzigen Gäste zu sein. Auf dem Dach der Kasbah trinken wir etwas Erfrischendes, dann treffen wir uns vor dem Hotel zusammen mit einer holländischen Familie und ihren zwei fünfjährigen Zwillingen und dem Inhaber des Hotels, der uns in seinen Pickup verfrachtet und in halsbrecherischer Fahrt über die Wüstenpiste zu dem großen Kamelparkplatz bringt, wo vier auf ihren Knien ruhende Dromedare stoisch kauend zusammen mit dem jungen Kamelführer auf uns warten.

Bevor wir aufsitzen stellen wir uns kurz vor, die holländische Familie besteht aus Alex und Inge und ihren fünfjährigen Zwillingen.

Ich solle das letzte Tier reiten, sagt unser Führer. Das Aufsteigen ist erstmal kein Problem, erfreulich ist auch, dass die doch nicht ganz leichten Rucksäcke an die Haltegriffe vor den Sätteln angehängt werden, so dass wir sie nicht wie befürchtet auf dem Rücken tragen müssen. Auf dem Dromedar sitzend – meine langen Beine kann ich nicht in Steigbügeln parken sondern muss sie baumeln lassen – warte ich, bis vor mir Wally und davor die holländischen Eltern mit je einem ihrer Kinder vor sich Platz genommen haben. Dann gibt der junge Marokkaner seinen Tieren nacheinander das Zeichen, sich zu erheben. Dies geschieht sehr heftig, zuerst wird man nach hinten geschleudert, dann nach vorne, ich muss viel Energie aufbieten, um im Sattel zu bleiben. Dann geht es los, in schaukelndem Trott stapfen die großen Tiere mit ihren riesigen Füßen los.

Sand ist nicht gleich Sand, und es ist beim Ritt auf dem Kamelrücken nicht egal, ob der Sand fest ist oder ehe locker, ob es bergan geht oder bergab. Hoch und auf festem Untergrund kann man sich an das Geschaukel fast gewöhnen, bergab oder wenn die Hufe tiefer einsinken, schlingere ich jedoch auf dem Rücken meines Tieres heftig hin und her. Und es ist gefühlt schon eine ordentliche Höhe, in der man sich über dem Boden befindet.

Die schon tief stehende Sonne malt lustige Schatten der Karawane auf die Sandhügel neben uns, während wir im Gänsemarsch hinter unserem Führer her dem Wüstencamp entgegen schaukeln. Unterwegs begegnen uns einmal vierrädrige Sand-Buggies, die mit knatternden Motoren auf ihren grobstolligen Reifen die Hügel durchpflügen. Na ja, ist nicht mein Ding, ich möchte die Wüste gerne leise erleben, nur von dem fast lautlosen Trappen der Kamelhufe erfüllt und dem Summen einiger verirrten Fliegen.

Nach zwei Stunden Ritt - es ist jetzt schon fast dunkel - erreichen wir das Wüstencamp. Vor dem Himmel zeichnen sich schemenhaft die Umrisse des Zeltdorfes ab. Es scheint ziemlich groß zu sein, bestimmt dreißig hohe Zelte bilden einen Halbkreis um ein hübsches Toilettenzelt und einen Tisch, auf dem heißer, süßer Thé à la menthe und etwas Gebäck auf uns Ankömmlinge warten. Anschließend ist small talk, bei dem wir die Bekanntschaft von einem netten Paar aus Wesel am Niederrhein machen, mit dem wir einige Zeit später im geräumigen Restaurant-Zelt einen Tisch teilen. Vorsuppe, Tajine mit Huhn und als Dessert Melone, das ist durchaus lecker. 

Nach dem Essen dringen Trommelklänge an unsere Ohren, wir folgen ihnen und finden uns an einem Lagerfeuer wieder, wo die Kamelführer von insgesamt 4 Gruppen sowie ein weiterer Mann aus dem Camp mit marokkanischen Trommeln, Rasseln und Gesang groovige Musik machen. Für ihre Songs gibt es viel Applaus, besonders von fünf jungen Südkoreanerinnen, die mit hohen, quietschenden Stimmen ihrer Begeisterung Ausdruck geben. Schließlich nehmen die Musiker ihre Instrumente und bieten sie ihren Zuhörer zum selber spielen an, und wir bekommen geduldig ein paar Schläge gezeigt. Ich versuche es auch einmal und, ja, es klappt schon nicht schlecht.

Irgendwann liegen wir dann in unseren Betten (ja, in den Zelten stehen richtige Doppelbetten) und als ich die Augen schließe, schwanke ich in meinen Gedanken noch eine Weile weiter durch die warme abendliche Wüste.

4:30 Uhr - Morgen in der Wüste4:30 Uhr - Morgen in der Wüste

Am späten Abend sind wir gefragt worden, ob wir gerne den Sonnenaufgang in der Wüste erleben wollen, und wir haben zugestimmt. Also stehen wir um 4:30 Uhr auf und sind um 5:00 Uhr startklar bei den Tieren.

Karawanenmitglied Andrea bekommt einen Turman nach Berberart gewickeltKarawanenmitglied Andrea bekommt einen Turman nach Berberart gewickeltUnd wieder schaukeln wir über die unendlich erscheinenden Sandberge, deren Konturen im weichen Licht der Morgendämmerung noch verschwimmen. Das Erscheinen des Sonnenballes schließlich ist weniger spektakulär als erhofft – ein kräftiger Dunstschleier hat sich vor die Sonne geschoben. Trotzdem erlebe ich es als ein erhebendes Gefühl, in der Morgenfrühe durch die Sahara zu reiten und die stille Weite zu erleben.

Morgendämmerung in der SaharaMorgendämmerung in der Sahara

Schließlich sind wir wieder im Wüstenhotel, wo uns an einer langen Tafel im Innenhof der Kasbah ein gemeinsames Frühstück erwartet, an dem auch die holländische Familie sowie das Paar aus Wesel teilnehmen. Während wir uns Eier, kleine Pfannekuchen, Weißbrotscheiben, Kaffee und Minztee einverleiben, findet ein interessanter Gedanken- und Erfahrungsaustausch unter Reisenden statt. Von Alex und Inge erfahren wir, dass die sympathische Familie seit einigen Jahren fast ständig in ihrem Wohnmobil in der Welt unterwegs ist und glücklich ist, dass sie vom holländischen Staat die Erlaubnis erhalten hat, die beiden Kinder von der Schulpflicht zu entbinden, die in den Niederlanden mit 4 Jahren beginnt. Inge ist Lehrerin und unterrichtet die Kinder, ansonsten sind die Eltern der Meinung, dass das Leben und das Reisen mindestens ebenso gute Lehrmeister sind wie die staatlichen Schulen. Außerdem schreiben sie an einem Reiseblog.

 

Im Mietwagen unterwegs: WüstenstreckeIm Mietwagen unterwegs: WüstenstreckeKurz vor 9:00 Uhr bringt ein Fahrer unseren neuen Mietwagen, der dem alten zum Verwechseln ähnlich sieht. Der ältere Marokkaner fragt uns, ob wir ihn die kleine Strecke bis Erfoud mitnehmen können, tatsächlich fährt er eine ganze Stunde noch mit uns. Er sitzt entspannt, fast ein wenig schläfrig, hinten im Wagen und warnt uns auch nicht, als wir uns bei der Durchfahrt der Kleinstadt Rizani in den Gassen des Zentrums fast festfahren, weil dort wegen des Marktes Ausnahmezustand herrscht. Außerdem ist eine wichtige Straße wegen Bauarbeiten gesperrt, und so klemmen wir zwischen schwerbeladenen Eselskarren, bepackten Händlern, Handkarren schiebenden Männern, hupenden Autos und herumwuselnden Zweirädern fest. Es braucht viel Geduld aber auch Entschiedenheit, um sich langsam aber sicher in Richtung Ortsausgang zu schieben. Und ohne den Dacia zu verbeulen. Was auch gelingt.

 

Nach längerer Fahrt entschließe ich mich, an einem einfachen Berber-Restaurant zu halten; Hunger hat sich gemeldet, und mein Rücken kann auch eine Entspannung gebrauchen. Ein dunkelhäutiger Mann in mittlerem Alter in leuchtend blauer Touareg-Tracht mit Turban heißt uns sehr freundlich willkommen und will uns einen Platz auf der höher gelegenen Terrasse anbieten, die löcherigen Schilfmatten bieten uns aber zu wenig Sonnenschutz und wir entscheiden uns für einen Tisch im Innenhof, unter dem eine Katze mit ihren fünf Jungen lagert. Was wir trinken möchten, fragt eine junge hübsche Frau auf französisch.

„Können wir eine Cola haben?“, fragen wir. „Und dazu einen Marokkanischen Salat?“

„Pas de probleme“, sagt sie. Wenige Minuten später sehen wir sie, jetzt mit einem Kopftuch bekleidet, auf einem Motorroller davon brausen. Während wir auf unsere Getränke und auf das Essen warten, beobachten wir die Katzen, die vor unseren Augen umher laufen und miteinander spielen. Ein junger Hund streicht um unsere Beine, dann springt er auf die Bank und lässt sich hinter mir nieder, eingequetscht zwischen meinem Rücken und der Lehne. Jetzt kommt die junge Frau auf ihrem Roller zurück und stellt eine kalte Literflasche Cola zusammen mit einer Wasserflasche auf unseren Tisch, die sie offensichtlich gerade in einem kleinen Laden gekauft hat. Ich bitte um zwei Gläser, und der Touareg stellt sie zusammen mit einem großen Korb mit zwei Fladenbroten auf den Tisch. Auf das Essen wartend betrachten wir die Umgebung: Einige Meter weiter sitzen sich seit unserer Ankunft zwei in lange helle Djellabahs und traditionelle Kopfbedeckungen gekleidete ältere Männer gegenüber und unterhalten sich lebhaft, wobei sie sich gegenseitig immer wieder berühren, die Hand auf das Knie des Anderen legen, seine Hand fassen und festhalten – diese körperliche Nähe sieht man hier oft, auch wenn sie für uns ungewöhnlich wirkt. Der blau Gekleidete führt ein großes Pferd in den Hof und tränkt es in einem großen Bottich, während die kleinen Kätzchen an einem Hühnerbein herum kauen, neidisch belauert von dem jungen Hund. Der jetzt auf einmal drohend zu knurren anfängt und bellt, die Mutterkatze buckelt und faucht, ebenso die Kleinen, und plötzlich hat der Hund das Hühnerbein im Maul und trottet davon, sicherlich, um es irgendwo zu verstecken, denn kurze Zeit später ist er ohne seine Beute wieder da.

Jetzt kommt auch der Salat, eine knackige Mischung aus Tomaten, Zwiebeln, Zucchini und anderem Gemüse, dessen Name ich nicht kenne. Auch das Brot ist schmackhaft, und bald ist der Teller leer.

Ich frage nach dem Preis um zu bezahlen.

„Payez ce que vous voulez – zahlen Sie, was sie für angemessen halten“, sagt der Blaue. Das ist natürlich raffiniert, ich soll freiwillig mehr bezahlen, um nicht als geizig zu erscheinen. Ich gebe 70,- DH, das ist vielleicht nicht so viel wie er sich erhofft hat, aber er lässt es durchgehen, nicht ohne mir wortreich zu erklären, dass er ja auch Frau und Kinder zu versorgen habe…

Und weiter geht die Fahrt über die schmale Straße durch die endlos erscheinende Wüste, die sich meist eben und geröllartig bis zum Horizont erstreckt, ab und zu unterbrochen durch rundliche Hügel oder von der Erosion abgefressene Hochebenen, von denen nur die härteren Schichten den Naturgewalten haben trotzen können.

(...)

 

 

 

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